Noch segelt er durch die Lüfte...


Die Familie der "Ritterfalter" - Papilionidae - gehört mit weltweit über 550 beschriebenen Arten zu den mit am artenreichsten Tagfalterfamilien, die besonders in den Tropen beheimatet sind. Nur bei uns in Deutschland ist sie mit 4 Arten nur schwach vertreten - aber dafür mit einer Art, den früher einmal jedes Kind kannte, den Schwalbenschwanz (Papilio machaon). Aber nicht um diesen Falter, den man trotz eines dramatischen Bestandsrückgangs während der letzten 100 Jahre doch noch ab und an zu Gesicht bekommt, soll es hier gehen, sondern um seinen nahem nächsten Verwandten, den Segelfalter (Iphiclides podalirius).

Für den Naturfreund ist es immer wieder ein besonderes Erlebnis, an einem sonnigen Tag auf einem mit Schlehen bewachsenen Hügel diesen großen und prächtigen Falter bei seinen Flugspielen zuzusehen. Auch setzt er sich gern auf die Blätter dort wachsender Büsche, so dass er sich relativ leicht fotografieren lässt. Man stellt auch schnell schnell fest, dass er bestimmte "Sitzpunkte" immer wieder gern anfliegt - was im Übrigen die Arbeit des Naturfotografen enorm erleichtert...

Das Problem ist nur, dass die Orte, wo er noch in Anzahl zu beobachten ist, zumindest hier bei uns in Deutschland rar geworden sind. Mehr Glück hat man dagegen in den warmen Gebieten südlich der Alpen, wo er lokal noch recht häufig auftritt.

In meinem bevorzugten Exkursionsgebiet, dem Böhmischen Mittelgebirge rechts und links der Elbe, ist er lokal sogar noch recht häufig anzutreffen. Er besiedelt dabei sowohl die nach Süden geneigten rechtselbischen Hänge mit ihren blumenreichen Trockenrasen und Weinbergen, als auch die Gipfel der vielen Vulkanhügel in der Umgebung. Dort kann man sie besonders schön - oft zusammen mit Schwalbenschwanz, Admiral und Distelfalter - beim "hilltopping" beobachten. So bezeichnet man in der entomologischen Fachsprache das spezielle Verhalten von Segelfalter und Schwalbenschwanz, exponierte Erhebungen der Landschaft zu ihren Paarungsflügen aufzusuchen. Da auf solchen "Hügeln" öfters auch mal alten Burgen stehen, lässt sich oft der Besuch einer solchen alten Ritterburg mit der Beobachtung von Schwalbenschwanz und Segelfalter verbinden...

Im Gegensatz zu den meisten anderen Tagfaltern beherrschen beide Arten die Technik des "Segelns" unter Ausnutzung der lokalen Thermik. Es macht übrigens richtig Spaß, ihnen dabei mit einem Feldstecher zuzusehen, wenn sie quasi ohne einen Flügelschlag über die Landschaft schweben...

Wenn man alte entomologische Literatur durchsieht, dann liest man, dass der Segelfalter ein ehemals sehr häufig und damit auch ganz gewöhnlich Schmetterling war. Das hat sich aber im letzten Jahrhundert radikal geändert. Obwohl die Futterpflanze seiner Raupen - insbesondere Schlehe und Weißdorn - heute auch noch überall in Menge vorkommen, ist die Art selbst immer seltener geworden und sogar aus vielen Naturräumen verschwunden. Man vermutet, dass der steigende Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft und die enorm zugenommene Zergliederung der Landschaft dem Segelfalter (wie auch vielen anderen Tagfalterarten) nicht gut bekommen ist. In der ökologischen Forschung gilt deshalb der Segelfalter als ein besonders empfindlicher Bioindikator.


Es gibt aber auch Positives zu berichten. An den Orten, wo er heute noch vorkommt, scheinen sich die Populationen zu stabilisieren. Das gilt z. B. entlang des Elbtales von Melnik, Leitmeritz über Dresden (Wachwitz!) bis Meißen. In der Oberlausitz besiedelt er seit einigen Jahren mit Erfolg die ausgedehnten und rekultivierten nördlichen Tagebaufolgelandschaften. So war der Segelfalter im Jahre 2013 für den Kenner die eigentliche Attraktion der "Rosenschau" in Forst...

Hoffen wir also, dass seine Ausbreitungstendenzen anhalten und noch viele Naturfreunde die Gelegenheit haben, ihm beim "Segeln" zuzuschauen...

Wie ich bereits erwähnt habe, ist die wichtigsten Futterpflanze der grünen, gedrungenen asselförmigen Raupen Schlehe und Weißdorn. Aber sie ist auch vermehrt an Aprikosen- und Pfirsichbäumchen zu finden. Die Population bei Dresden scheint sich sogar ganz auf diese Futterpflanzen umgestellt zu haben. Die Raupe hat hier im Wesentlichen zwei Feinde - den Obstbauer, der sie mit Insektiziden einnebelt und die Meise, die sie gerne zur Fütterung ihrer Jungen verwendet.  Sollten Sie also an ihrem Pfirsichbäumchen Blätter bemerken, von denen nur noch eine Blattrippe zu sehen ist, dann könnte der Rest eine Segelfalterraupe weggenagt haben... 

Wenn die Raupe die ca. drei bis vier Wochen ihres Raupendaseins überlebt, dann verpuppt sie sich in Form einer sogenannten Gürtelpuppe, aus der dann nach Überwinterung Ende April, Anfang Mai der Falter schlüpft. In warmen Gegenden wie an Elbe, Rhein und Mosel gibt es meist noch eine zweite Generation, die man dann im Juli und August beobachten kann und bei der die Puppe natürlich nicht überwintern muss. Deren Falter sind aber deutlich bleicher und z. T. auch etwas größer als die Frühlingsgeneration. 

Manchmal sieht man auch Exemplare, denen ein "Flügelschwänzchen" fehlt oder denen aus den Hinterflügel quasi ein keilförmiges Stück herausgestanzt ist. Beides deutet auf eine Begegnung mit einem Vogel hin, der versucht hat, einen fliegenden Segelfalter zu erhaschen. Das geht für den Vogel (z. B. Grasmücke, Neuntöter) aber meistens schief, während der Segelfalter trotz des Handicaps weiter segeln kann...


Bei der "Rosenschau" 2013 in Forst (Lausitz)... Aufnahme Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf




P.S. Wenn Sie schon einmal einen Segelfalter beobachtet haben, können Sie mir das gerne als Kommentar mitteilen...

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