Warum ist der Nachthimmel schwarz?


Draußen wird es langsam dunkel. Eine gute Gelegenheit, sich einmal mit der nicht gerade trivialen Frage zu beschäftigen, warum es des nachts eigentlich dunkel ist – oder, anders ausgedrückt, warum uns der Nachthimmel „schwarz“ und nicht sonnenhell erscheint. Sie werden sich jetzt fragen, warum sollte denn gerade der Nachthimmel hell sein? Es geht dabei um die scheinbar unausweichliche Konsequenz einer Idee, die aus der Antike stammt und einer Überlegung, die sich im Rahmen der kopernikanischen Revolution ergeben hat, nämlich um die Idee eines unendlich ausgedehnten Weltraums, angefüllt mit Sternen… 

Das ein Universum mit einer „Grenze“ logisch unmöglich ist, hat bereits der berühmte römische Dichter und Philosoph Titius Lucretius Carus, kurz „Lukrez“ genannt (vermutlich 97-55 v. Chr.), gezeigt, in dem er sinngemäß in seinem Werk „De Rerum Natura“ schreibt: 

Wenn der Raum endlich ist, hat er eine Grenze. Man stelle sich vor, jemand dringt bis zu diesem letzten Punkt der Welt vor und schleudert einen Pfeil gegen die Grenze. Entweder wird der Pfeil über die Grenze hinausfliegen, oder irgendetwas wird ihn aufhalten; etwas, das selbst jenseits der Grenze liegen muss. In jedem Fall befindet sich etwas jenseits der Grenze. Diese Demonstration kann beliebig oft wiederholt und so die angebliche Grenze unendlich weit zurückgeschoben werden.“ 

Entsprechend dieser Argumentation sahen es die Astronomen seit Copernicus stillschweigend als selbstverständlich an, dass der kosmische Raum in alle seine drei Richtungen unendlich weit ausgedehnt ist. Aber mit dem „Unendlichen“ hat es so seine eigene Bewandtnis, wie schon die unendlich vielen Stellen der Zahl Pi zeigen. Denn wenn es in einem unendlich ausgedehnten Raum unendlich viele, in diesem Raum näherungsweise gleichverteilte Sterne gibt, dann würde jeder mögliche Sehstrahl in jeder beliebigen Richtung irgendwo auf einen Stern treffen. Es ist ähnlich wie inmitten eines ausreichend großen Wald (am besten zu sehen in einem Fichtenforst), wo auch in jede (horizontale) Richtung irgendwo ein Baumstamm zu sehen ist. 

Und genau solch eine Analogie veranlasste den Bremer Arzt und Liebhaberastronomen (der seine „Liebhaberei“ aber wie ein professioneller Astronom ausübte) Wilhelm Olbers (1758-1840) im Jahre 1823 eine Schrift mit dem Titel „Über die Durchsichtigkeit des Weltraums“ an den Herausgeber des „Astronomischen Jahrbuchs“, J. E. Bode, zu schicken, der sie dann veröffentlichte (der Artikel kann im Internet bei Google Books leicht gefunden werden). Der wesentliche und der später „Olber‘s Paradoxon“ genannte Sachverhalt liest sich darin wie folgt: 

„... Sind wirklich im ganzen unendlichen Raum Sonnen vorhanden, sie mögen nun in ungefähr gleichen Abständen von einander, oder in Milchstrassen-Systeme vertheilt sein, so wird ihre Menge unendlich, und da müsste der ganze Himmel eben so hell sein wie die Sonne. Denn jede Linie, die ich mir von unserem Auge gezogen denken kann, wird nothwendig auf irgend einen Fixstern treffen, und also müsste uns jeder Punkt am Himmel Fixsternlicht, also Sonnenlicht zusenden...“ 

Ein unendlich ausgedehntes Universum, in dem Sterne gleichmäßig verteilt sind (es kommt nicht mal auf die Sterndichte an!), müsste einen Nachthimmel mit der Helligkeit eines mittleren Sterns wie die Sonne liefern. Und das ist offensichtlich nicht der Fall. 

Die Lösung dieses Paradoxons erwies sich als ausgesprochen schwierig und auch heute wird es noch zum Test diverser kosmologischer Weltmodelle herangezogen, sozusagen als KO-Kriterium. Der Grund liegt darin, dass die Schlussfolgerung, die Olbers gezogen hat, unter der Annahme eines unendlich ausgedehnten, gleichförmig mit Sternen besetzten und schon immer existierenden Universums einfach zwingend ist. Da hilft auch die Argumentation nicht weiter, dass die Sterne mit steigender Entfernung immer schwächer werden. Zwar nimmt die Helligkeit eines Sterns mit dem Quadrat der Entfernung (d. h. 1/r²) ab, aber die Zahl der Sterne nimmt mit r³ zu. Man hat es dann mit „Dunkelwolken“ probiert, die aber letztendlich aus physikalischen Gründen irgendwann genauso hell wie die Sterne leuchten würden (Stichwort: Kirchhoffsches Strahlungsgesetz); man hat es mit einer bestimmten hierarchischen Verteilung der Sterne im Kosmos versucht (Weltmodelle nach Carl Charlier) und sich noch einige andere Begründungen ausgedacht, die aber alle ihre eigenen Macken hatten. Aber bereits um 1854 deutete sich eine Lösung an, und zwar in Form eines Kolloquiums-Beitrags des Mathematikers Bernhard Riemann (1826-1866) mit dem Titel „Ueber die Hypothesen, die der Geometrie zu Grunde liegen“ – freilich noch, ohne auf das genannte Paradoxon irgendwie Bezug zu nehmen. 

Es gibt nämlich (mathematisch gesehen) „Räume“, die zwar endlich, aber unbegrenzt sind. Olbers und seine Zeitgenossen gingen natürlich von der einzigen „Raumart“ aus, die sie sich auch vorstellen konnten, und zwar von einem sogenannten „Euklidischen Raum“, der bekanntlich „unendlich“ und ohne Grenzen ist. Dieser „Raum“ ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass zwei Parallelen sich niemals, auch im „Unendlichen“ nicht, schneiden. In der Geometrie des Euklid (das ist die Geometrie, die man in ihren Grundzügen in der Schule beigebracht bekommt) wird es als fünftes Postulat oder Axiom eingeführt, weshalb man von ihm auch vom „Parallelenaxiom“ spricht. Man muss es als Axiom einführen, da es sich als Satz im Rahmen der anderen vier Axiome nicht beweisen ließ, obwohl sich seit Archimedes viele Mathematiker daran versucht hatten. Erst Carl Friedrich Gauß (1777-1855) erkannte, dass dieses „Parallelenproblem“ prinzipiell nicht lösbar ist. Heute weiß man auch, warum. Denn die Euklidische Geometrie ist nur eine ganz spezielle Geometrie unter unendlich anderen denkbaren, welche auch „gekrümmte“ Räume beschreiben und in denen das Parallelenaxiom nicht gilt. 

Die Entdeckung und Erforschung derartiger „nichteuklidischer Geometrien“ ist mit so berühmten Namen wie Carl Friedrich Gauß, Janos Bolyai (1802-1860), Bernhard Riemann (1826-1866) und Nikolai Iwanowitsch Lobatschewski (1792-1856) verbunden. Auch ein gestandener Mathematiker kann sich einen gekrümmten dreidimensionalen Raum nur schwer vorstellen. Deshalb greift man zur Veranschaulichung oft auf zweidimensionale „Räume“ zurück, die man sich als Flächen vorstellen kann, die in einem dreidimensionalen Raum eingebettet sind. In solch einem Modell stellt sich das Olberssche Paradoxon folgendermaßen dar: Man stelle sich eine unendlich ausgedehnte „Ebene“ vor (im euklidischen Einbettungsraum mit den Koordinatenachsen x, y und z soll hier für diese Ebene x, y die Beziehung z=const. gelten), die gleichmäßig mit unendlich vielen Punkten (sie sollen Sterne darstellen) belegt ist. Jetzt stellen wir uns vor, das wir uns als zweidimensionales Wesen (natürlich ohne Ausdehnung in z-Richtung und ohne Verdauungstrakt!) an einem Punkt (x, y) dieser unendlich ausgedehnten Ebene befinden. Wenn man jetzt in irgendeine Blickrichtung eine Gerade zieht, dann wird diese Gerade irgendwo einmal zwangsläufig auf einen Punkt (=Stern) treffen. Und das gilt für jede denkbare Richtung auf dieser „euklidischen Ebene“. Und jetzt stellen wir uns eine Kugeloberfläche als „Ebene“ vor, die auch in einem dreidimensionalen Raum eingebettet ist. Für den zweidimensionalen Bewohner dieser Kugelfläche unterscheidet sie sich lokal erst einmal überhaupt nicht von der euklidischen Ebene. Er kann sich auch hier in jede Richtung frei bewegen. Es gibt aber durchaus wesentliche Unterschiede: 1. die Fläche ist endlich (genau 4Pi r², wenn r der Kugelradius ist) und 2. die Fläche ist unbegrenzt. Wenn man sich darauf bewegt, wird man nie eine Begrenzung finden. Die Kugeloberfläche kann man deshalb als das zweidimensionale Analogon eines „Raumes“, der endlich, aber unbegrenzt ist, betrachten. Bedeckt man diese Kugeloberfläche mit einer nun endlichen Zahl von Punkten, dann wird es immer einen Sehstrahl geben, der keinen dieser Punkte schneidet. Außerdem wäre dieser „Sehstrahl“ eine geschlossene Kurve (hier ein Kreis). 

Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang ist es, wie man als „Zweidimensionaler“ (natürlich auch hier ohne Verdauungstrakt!) quasi experimentell feststellen kann, ob man auf einer Kugeloberfläche oder einer euklidischen Ebene lebt. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, immer geradeaus zu laufen. Kommt man irgendwann wieder an seinen Ausgangspunkt zurück, ist man den Großkreis einer Kugeloberfläche entlang gelaufen. Aber wenn der Kugeldurchmesser sehr groß ist (aber nicht unendlich), dann kann dieser Versuch sehr lange dauern. Die einfachere Methode besteht darin. um sich herum einen Kreis zu ziehen (z. B. mittels einer gespannten Schnur, der den Kreisradius repräsentiert), dessen Umfang zu messen und das Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser auszurechnen. Kommt dabei exakt die Kreiszahl Pi heraus, dann lebt man auf einer euklidischen Ebene, wenn nicht, dann nicht. Alternativ hätte der „Zweidimensionale“ auch ein Dreieck konstruieren können, um danach dessen Innenwinkelsumme genauesten zu vermessen. Ist sie exakt gleich 180°, dann weiß er, dass er auf einer euklidischen Ebene lebt, wenn nicht, dann nicht.

Genaugenommen gibt es zwei „Sorten“ von gekrümmten Räumen. Die einen, bei ihnen ist die Innenwinkelsumme eines Dreiecks größer als 180°, nennt man „positiv gekrümmt“. Die Kugeloberfläche ist ein zweidimensionales Beispiel dafür. Die „Räume“, deren Dreiecks-Innenwinkelsumme dagegen kleiner als 180° ist, nennt man „negativ gekrümmt“. Die Oberfläche eines „Sattels“ ist ein Beispiel dafür, oder, ganz ideal, die einer sogenannten Pseudosphäre. Für jede dieser Art von Räumen lässt sich eine eigene Art von „Geometrie“ konstruieren. Diese „Geometrien“ nennt man „nichteuklidische Geometrien“. Die mathematischen Methoden zu ihrer detaillierten Beschreibung wurden Mitte des 19. Jahrhunderts von Bernhard Riemann in Göttingen entwickelt, weshalb man sie manchmal (soweit es sich um positiv gekrümmte Räume handelt) auch „Riemannsche Geometrie“ nennt. Auch der kosmische Raum kann durchaus „gekrümmt“ sein, auch wenn es hier um Einiges schwieriger ist, sich das irgendwie vorzustellen. 

Nach Riemann musste die Menschheit noch ungefähr ein halbes Jahrhundert warten, bis ein Wissenschaftler eine Begründung für die Idee eines „gekrümmten“ kosmischen Raumes gab. Und dieser Wissenschaftler war Albert Einstein (1879-1955). Er erkannte, dass die eigentliche Weltbühne genaugenommen sogar ein vierdimensionales Gebilde ist, welches er „Raumzeit“ nannte, da ein „Punkt“ in diesem Raum durch vier voneinander unabhängige Koordinaten – drei Raumkoordinaten und eine Zeitkoordinate – eindeutig bestimmt ist. Solch einen Punkt nennt man auch Ereignis. Und der kürzeste Weg zwischen zwei Ereignissen, quasi eine „Gerade“ in der Einstein’schen Geometrie der Raumzeit, ist der Weg, den ein Lichtstrahl oder ganz allgemein, ein sich kräftefrei bewegender materieller Körper (man denke an das Galileische Trägheitsprinzip) dazwischen zurücklegt. Dieser „Weg“ „zeichnet“ dabei die „Krümmung“ der Raumzeit nach. Und die Krümmung selbst wird durch Massen und Massenströme hervorgerufen, oder wie es Albert Einstein einmal selbst ausgedrückt hat: „Die Materie sagt der Raumzeit, wie sie sich zu krümmen hat, und die Raumzeit sagt der Materie, wie sie sich bewegen muss.“ Auch das lässt sich anhand eines einfachen zweidimensionalen Modells begreifbar machen. Stellen wir uns dazu die drei Raum-Dimensionen als auf ein zweidimensionales, in einen Rahmen gespanntes Gummituch reduziert vor. Nun legen wir eine Eisenkugel in die Mitte dieses Gummituchs. Der Effekt ist eine „Einbeulung“, die umso stärker ausfällt, je schwerer die Kugel ist. Wenn nun unser „Zweidimensionaler“ in unterschiedlichem Abstand von der Kugel jeweils einen Kreis mit gleichbleibendem Radius konstruiert und anschließend sorgfältig das Verhältnis von Umfang zu Durchmesser bestimmt, dann wird er eine immer größer werdende Abweichung zur Kreiszahl Pi feststellen, je mehr er sich der Kugel nähert. Diese „Abweichung“ kann man direkt als ein Maß für die Krümmung am Ort der Messung verwenden. Und nicht nur auf der Gummimatte ist das so. Auch die Sonne „krümmt“ die Raumzeit in der gleichen Weise, was dazu führt, dass ein Lichtstrahl eines Sterns, welcher nahe an ihr vorbei läuft, auf eine genau berechenbare Art und Weise abgelenkt wird. Und genau dieser Effekt lässt sich bei einer totalen Sonnenfinsternis beobachten, in dem man die dabei am Taghimmel sichtbar werdenden Sterne im Umkreis der verfinsterten Sonne fotografiert, um später ihre Positionen mit den Positionen der gleichen Sterne, die ein halbes Jahr später ohne Sonne am Nachthimmel fotografiert wurden, zu vergleichen. Die Abweichungen stimmen dabei völlig mit den Abweichungen überein, die sich rein rechnerisch aus der Einstein’schen Theorie ergeben. Was hier eine „lokale“ Krümmung ist, ist im „Großen“ eine globale Krümmung, deren Größe allein von der mittleren Massedichte im Weltall abhängt. So kann es sein, dass der gesamte kosmische Raum „flach“ ist (euklidisch), oder positiv gekrümmt und damit endlich, aber unbegrenzt, oder im globalen Maßstab vielleicht sogar eine negative Krümmung aufweist. Welche dieser drei Möglichkeiten zutrifft, lässt sich nur durch entsprechende Beobachtungen klären, womit wir wieder beim Olbersschen Paradoxon angelangt sind. 

Denn mit der globalen Krümmung des kosmischen Raums ist noch ein der Beobachtung zugänglicher und von der Einstein’schen Theorie vorhergesagter Effekt verbunden: Der kosmische Raum dehnt sich aus, er expandiert. Diese Erscheinung wurde 1921 erstmalig von dem russischen Mathematiker Alexander Alexandrowitsch Friedman (1888-1925) aus den Einstein’schen Gleichungen deduziert und kurze Zeit später von Edwin Hubble (1889-1953) durch Beobachtungen an weit entfernten Galaxien bestätigt. Die Schlussfolgerungen, die aus diesen Forschungen gezogen wurden, führten zur Theorie des „Urknalls“, der Theorie, die, vereinfacht gesagt, besagt, dass unser Kosmos so etwas wie einen „Anfang“ gehabt haben muss, wo Raum und Zeit und auch alle Materie aus einer „Singularität“ (d. h. einem „Punkt“ unendlich großer (Energie-) Dichte) entstanden sind. Dieses Bild, welches als erstes von dem belgischen Theologen und Physiker Georges Edouard Lemaitre (1894-1966) entworfen wurde, ist mittlerweile sehr präzise ausgearbeitet worden, krankt aber immer noch entscheidend daran, dass es noch niemanden gelungen ist, die Allgemeine Relativitätstheorie Einsteins (die eine Raumzeit-Singularität vorhersagt) mit der Quantentheorie (welche sicherlich eine Singularität verhindern kann) zu einer neuen Theorie, der Quantengravitation zu vereinigen. In unserem Zusammenhang ist nur von Interesse, dass dieser „Urknall“ vor endlich langer Zeit stattgefunden hat (und zwar ziemlich genau vor 13,798±0,037 Milliarden Jahren) und wegen der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit für uns als Beobachter einen „Horizont“ impliziert, der sich in endlicher Entfernung befindet (in ca. 46 Milliarden Lichtjahre Entfernung – größer als der aus der Lichtlaufzeit resultierenden Entfernung, da sich in den letzten ~13,8 Milliarden Jahren der Raum ja selbst ausgedehnt hat). Das bedeutet aber nicht, dass hinter diesem „Horizont“ nichts wäre. Auch hier gilt frei nach Udo Lindenberg „Hinterm Horizont geht’s weiter…“. Der Witz ist aber, wir schauen quasi in die falsche Richtung. Aufgrund der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit sehen wir nämlich immer Objekte, die in Bezug zu unserer Gegenwart in der Vergangenheit liegen. Den Mond sehen wir, wie er vor 1,28 Sekunden ausgesehen hat, die Sonne sehen wir, wie sie vor 8,32 Minuten ausgesehen hat, den Polarstern sehen wir, wie er vor etwa 430 Jahren ausgesehen hat und das Nebelfleckchen am Himmel mit Namen Andromedanebel sogar so, wie es vor 2,5 Millionen Jahren ausgesehen hat. Damit dürfte das Problem klar sein. Je weiter ein kosmisches Objekt von uns entfernt ist, desto weniger „weit“ ist es auch vom Urknall entfernt. Und irgendwann gelangt man in eine Entfernung, wo es noch keine Sterne gab, nur ein heißes Plasma, welches gerade soweit abgekühlt war, dass sich die Lichtteilchen (Photonen) von der übrigen Materie abgekoppelt haben. Das geschah rund 380 Tausend Jahre nach dem Urknall. Wenn wir also mit unseren Teleskopen in diese „Entfernung“ schauen, dann haben wir eine „Lichtwand“ vor uns, hinter der der „Urknall“ quasi verborgen ist. Also genau so etwas, wie Olbers unter anderen Prämissen vorhergesagt hat. Aber warum sieht man dann diese „Lichtwand“ nicht? Ganz einfach, weil sie für unsere Augen nicht sichtbar ist, und das liegt an der erwähnten Expansion des Raumes. Ehemals, als der Kosmos „durchsichtig“ wurde, war das Weltall noch klein und die Strahlung extrem kurzwellig. Sie entsprach der Strahlung, die ein extrem heißes Plasma von mehreren Millionen Grad ausstrahlen würde. Mit der Expansion des Raumes wurde der Abstand zwischen den Wellenbergen (d. h. die Lichtwellenlänge) immer größer (sie entspricht „klassisch“ einer Rotverschiebung, wird aber hier zu deren Abgrenzung „kosmologische Rotverschiebung“ genannt).

Heute beträgt die Wellenlänge der Strahlung, die am intensivsten ist, bereits ~0,2 cm. Sie entspricht dem Strahlungsmaximum eines sogenannten „Schwarzen Strahlers“ mit einer Temperatur um die 3 K, weshalb man diese omnipräsente kosmische Hintergrundstrahlung im deutschsprachigen Raum auch oft „3 Grad Kelvin – Strahlung“ nennt. Und da wir mit unseren Augen keine „Mikrowellen“ sehen können (ansonsten könnte man den Mikrowellenherd als Scheinwerfer verwenden), ist der Nachthimmel auch in dieser Hinsicht bis auf die Sterne ziemlich zappeduster. Selbst wenn unser Kosmos unendlich und unbegrenzt ist (d. h. seine Geometrie ist „euklidisch“), hatte er noch nicht die Zeit sich soweit auszudehnen, das wir in jede Richtung einen Stern sehen können, denn das „sichtbare Universum“ ist für uns aufgrund des Horizonts in 46 Milliarden Lichtjahre Entfernung prinzipiell begrenzt (man nennt diesen Raum „Hubble-Blase“), obwohl sich mit jeder Sekunde der Horizont ein Stück weiter entfernt und damit immer wieder neue Raumbereiche sichtbar werden. Die Auflösung des Olbersschen Paradoxon liegt in der Endlichkeit des sichtbaren Universums in der Zeit. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen