Jurassic Park oder wie groß kann eigentlich ein Tier überhaupt werden?

Spinosaurus aegyptiacus   (Aufnahme: Mike Bowler)

Die eher negative Bedeutung von „Tyrannis“ dürfte im Jahre 1905 dem Präsidenten des American Museum of History, Henry F. Osborne (1857-1935) bewogen haben, das Tier, von dem man in Colorado und Wyoming zuvor ein paar besonders eindrucksvolle versteinerte Knochen gefunden hatte, „Tyrannosaurus rex“ zu nennen, was aber nichts weiter als „Königsechse“ bedeutet. Der Name ist gut gewählt, denn im wirklichen Leben möchte man diesem, Gottseidank längst ausgestorbenen Tierchen, wirklich nicht begegnen. Allein schon die aus den Knochen abgeleiteten Basisdaten hatten es in sich: Länge ca. 12 m; Höhe 9 m; Gewicht zwischen 5 und 6 Tonnen; Schädellänge bis 1,5 m; Carnivore (fraß gerne Triceratops, aber wahrscheinlich auch Aas); bipede Haltung; maximale Laufgeschwindigkeit 15 bis 30 km/h; lebte vor 67 – 65 Millionen Jahren in Nordamerika und wurde rund 30 Jahre alt. In Aktion kann man ihn in diversen Hollywood-Verfilmungen besehen, wo er den „Jurassic Park“ virtuell unsicher macht. Welche schauerlichen Töne er von sich gegeben hat, als er durch die Landschaften des Maastrichtium geschlendert ist, ist leider nicht überliefert. In dieser Beziehung ist deshalb den genannten Filmen nicht unbedingt zu trauen. 

Ein besonders schönes knöchernes Exemplar einer Königsechse ist „Sue“, dessen (fast) vollständiges Skelett 1990 in Süd-Dakota im Cheyenne River Sioux Indian Reservation von Sue Hendrickson aufgefunden und sorgsam ausgebuddelt wurde. Es steht mittlerweile vollständig restauriert im "Field Museum of Natural History" in Chicago und kann dort, falls es einen einmal nach Chicago verschlagen sollte, besichtigt werden. Aber wer glaubt, dass Tyrannosaurus rex der größte landlebende Fleischfresser aller Zeiten gewesen ist, der täuscht sich. 

Er war gerade einmal 12 m lang und nicht 18 m, wie der im heutigen Nordafrika „versteinert“ aufgefundene Spinosaurus. Sein Maximalgewicht dürfte bei 9 Tonnen (T. rex bei 6 Tonnen) gelegen haben und sein Gebiss, welches den ca. 1,75 m langen Schädel zierte, dürfte manchem großen Fisch und vielleicht auch manchem Dinosaurier jener Zeit (frühe Oberkreide) den Garaus gemacht haben. Aber sein auffälligstes Merkmal war sein mächtiges Rückensegel, dessen Knochen aus der Fundstelle in Marokko wie Dornen aus dem Sedimentgestein ragten. Deshalb auch der Name „Dornenechse“ für diesen Dinosaurier der Superlative – zumindest unter den Karnivoren. Er lebte im Gegensatz zu seinen amerikanischen Verwandten hauptsächlich im Wasser, mästete sich dort zumeist an den etwas größeren Fischen und dürfte an Land ziemlich plump ausgesehen haben. Man kann sich ihn am besten als eine etwas groß geratene Mischung zwischen Krokodil und Ente (wegen seiner Paddelfüße) vorstellen. Und als man seine versteinerten Knochen im Jahre 1975 entdeckte, war damit auch gleich noch eine andere brennende Frage der Paläontologie beantwortet, nämlich die, ob es fleischfressende Dinosaurier gab, die nicht ausschließlich an Land, sondern auch in Gewässern lebten. Und die Antwort war eindeutig „ja“, in Afrika, und zwar ziemlich große… 

Was die Frage aufwirft, wie groß kann eigentlich ein Tier, speziell ein Landbewohner, überhaupt werden? Sind da irgendwelche Grenzen gesetzt, und wenn ja, welche? Dass Tiere nicht beliebig groß werden können, ergibt sich bereits aus der Biomechanik. Darin spielen Volumen (Gewicht), Festigkeit und Architektur des Innenskeletts sowie Anforderungen an die Mobilität eine wichtige Rolle. Immerhin will man ja nicht – auch nicht als Saurier – unter seinem eigenen Gewicht zusammenbrechen. Und je größer man ist, desto größer ist natürlich auch der Appetit. Den Luxus eines riesigen Körpervolumens kann man sich bekanntlich auch nur mit dem Luxus einer üppigen Nahrungsquelle erkaufen… 

Im Falle der Saurier war diese Erscheinung, in der Fachsprache „Gigantismus“ genannt, aber keine ausschließliche Frage des Appetits. Der Grund lag in einer „Parallelentwicklung“ zwischen „Fleischfressern“ und „Pflanzenfressern“, die gerne von den „Fleischfressern“ gefressen wurden. Der evolutionäre Antrieb, der durch die Physiologie der Reptilien noch befördert wurde (Vermehrung durch Eier, vogelartige Lunge, hohe Stoffwechselrate bei einem hohen Nahrungsangebot), ergab sich daraus, dass die potentiellen „Häppchen“ versuchten, möglichst schnell eine Größe zu erreichen, die für das Maul der Karnivoren einfach nicht mehr zu bewältigen war. Also wuchsen auch deren Maul und zwangsläufig, auch deren dazugehörige Körper mit jedem Evolutionsschritt. Auf diese Weise konnten dann noch größere Häppchen verspeist werden, was wiederum dazu führte, dass auch die „Häppchen“ im gleichen Maß größer wurden. Das ging bis zum argentinischen Puertosaurus, der im Zeitalter der Oberkreide als harmloser Pflanzenfresser dahinvegetierte und dabei eine Länge von 40 m und die Höhe eines mehrstöckigen Hauses erreichte. An diesen ausgewachsenen Fleischberg wagte sich dann nicht mal mehr der furchterregende Mapusaurus roseae heran, der mit einer Länge von 12,5 m immerhin noch ein bisschen größer war als sein nordamerikanischer Verwandter, die Königsechse T. rex

Gigantismus ist ein evolutionäres Konzept, welches nicht nur auf Dinosaurier beschränkt ist. Auch heute findet man noch viele Beispiele dafür. Man denke nur an die Riesenkalmare (bis 14 m Länge) oder an den Gigantismus der Riemenfische, die immerhin eine Länge von 17 m erreichen können und damit die längsten Knochenfische der Welt sind. Alle beiden Beispiele leben in größeren Meerestiefen, weshalb man sie nur selten zu Gesicht bekommt. Um sie spinnen sich viele Geschichten, die aber meist als „Seemannsgarn“ abgetan wurden, obwohl hinter manchen dieser Geschichten doch ein Fünkchen Wahrheit steckt… 

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